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—-<as Auf dem
Ufte wohnten ein bißchen luftig, doch konnten sie dafür in die
Essen riechen, und die Elstern, die im Turmgebälk nisteten, er-
zählten ihnen täglich die neuesten Neuigkeiten. So konnten sie die
glücklichsten Leute von der tl?elt sein — aber sie lebten in Unfrieden
miteinander. Es war ein ewiges Räsonieren, daß es über die
Stadt hinschallte. Ja, böse Jungen berichteten, daß sie stündlich
hart aneinander gerieten.
Es war eigentlich nicht recht glaublich, wemt turnt sie so fried-
fertig beieinander sah: sie, eilte Frau von angenehtnster Fülle
des Leibes, behäbig und nur schwer aus der Ruhe zu bringen,
er, von schwerfälliger Art und ein wenig kopfhängerisch, sie
phlegmatisch, er melancholisch, beide im Grutide genommen aber
gute Seelen, ruheliebend ntid keineswegs leicht erregbar.
Und doch war es immer wieder dieselbe Sache.
„Längst du schon wieder an?" begann der Schwengel zu
knurren, „diese verwünschte Schaukelet!"
„Rann ich dafür?" brunmtte die Glocke zurück, „wenn du
wieder heruinbaumelst wie betrunken und mich aus dem Gleich-
gewichte bringst!"
Und dann redeten sie sich immer mehr in die Hitze, und das
- ..h==3° Die Zin
T u r m e.
Ende vom Liede waren jedesmal — Schläge. — Und so ver-
bitterten sie einander das Dasein und merkten nicht, daß ein
Drittes aut Seile zog. Reinhard Volker.
Dcu Löwe und die Hyäne.
s^er Löwe war von der Hyäne beleidigt worden. Frech und
boshaft hatte sie ihn begeifert.
Er hatte es über sich ergehen lassen und, das mächtige Haupt
auf die Pranken gelagert, ruhig seine königlichen Träume weiter-
gesponnen. Selbst die Flegeleien des schmutzigen Tieres, das mit
scharrenden Hinterfüßen Unrat gegen ihn warf, hatten ihn nicht
erschüttert.
Tags darauf reute es die Hyäne, den Gewaltigen so schändlich
behandelt zu haben, und sie dachte mit Sorgen daran, daß er es
bei Gelegettheit ihr heimzahlen möchte.
„Ich will ihn lieber wieder versöhnen!" sagte sie sich, und mit
freundlichem Grinsen brachte sie ihm eine Tüte Bonbons.
Da fuhr der Löwe empor, und mit ein ent Schlage zerquetschte
er ihr den Uopf. _Reinhard Volker.
merfee. °s=h--—
„Nun, wie sind Sie mit Ihrem neuen Zimmermädchen zufrieden, Frau Geheimrat?" — „O, ich sag'
Ihnen: die reinste Märchenfee!" - „Wieso?" — „Sobald es etwas zu arbeiten gibt, verschwindet sic!"
—-<as Auf dem
Ufte wohnten ein bißchen luftig, doch konnten sie dafür in die
Essen riechen, und die Elstern, die im Turmgebälk nisteten, er-
zählten ihnen täglich die neuesten Neuigkeiten. So konnten sie die
glücklichsten Leute von der tl?elt sein — aber sie lebten in Unfrieden
miteinander. Es war ein ewiges Räsonieren, daß es über die
Stadt hinschallte. Ja, böse Jungen berichteten, daß sie stündlich
hart aneinander gerieten.
Es war eigentlich nicht recht glaublich, wemt turnt sie so fried-
fertig beieinander sah: sie, eilte Frau von angenehtnster Fülle
des Leibes, behäbig und nur schwer aus der Ruhe zu bringen,
er, von schwerfälliger Art und ein wenig kopfhängerisch, sie
phlegmatisch, er melancholisch, beide im Grutide genommen aber
gute Seelen, ruheliebend ntid keineswegs leicht erregbar.
Und doch war es immer wieder dieselbe Sache.
„Längst du schon wieder an?" begann der Schwengel zu
knurren, „diese verwünschte Schaukelet!"
„Rann ich dafür?" brunmtte die Glocke zurück, „wenn du
wieder heruinbaumelst wie betrunken und mich aus dem Gleich-
gewichte bringst!"
Und dann redeten sie sich immer mehr in die Hitze, und das
- ..h==3° Die Zin
T u r m e.
Ende vom Liede waren jedesmal — Schläge. — Und so ver-
bitterten sie einander das Dasein und merkten nicht, daß ein
Drittes aut Seile zog. Reinhard Volker.
Dcu Löwe und die Hyäne.
s^er Löwe war von der Hyäne beleidigt worden. Frech und
boshaft hatte sie ihn begeifert.
Er hatte es über sich ergehen lassen und, das mächtige Haupt
auf die Pranken gelagert, ruhig seine königlichen Träume weiter-
gesponnen. Selbst die Flegeleien des schmutzigen Tieres, das mit
scharrenden Hinterfüßen Unrat gegen ihn warf, hatten ihn nicht
erschüttert.
Tags darauf reute es die Hyäne, den Gewaltigen so schändlich
behandelt zu haben, und sie dachte mit Sorgen daran, daß er es
bei Gelegettheit ihr heimzahlen möchte.
„Ich will ihn lieber wieder versöhnen!" sagte sie sich, und mit
freundlichem Grinsen brachte sie ihm eine Tüte Bonbons.
Da fuhr der Löwe empor, und mit ein ent Schlage zerquetschte
er ihr den Uopf. _Reinhard Volker.
merfee. °s=h--—
„Nun, wie sind Sie mit Ihrem neuen Zimmermädchen zufrieden, Frau Geheimrat?" — „O, ich sag'
Ihnen: die reinste Märchenfee!" - „Wieso?" — „Sobald es etwas zu arbeiten gibt, verschwindet sic!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Zimmerfee"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1910
Entstehungsdatum (normiert)
1900 - 1920
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 132.1910, Nr. 3365, S. 45
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg