Betrogene Betrüger.
„Sehen Sie hier diese Iris? Sie ist halb verkümmert
und wird es bald ganz sein. Die hölzerne Gartenbank stiehlt
ihr die Strahlen ihrer Sonne. Aber das ist gewiß, ein ein-
ziger Strahl hat sie doch erreicht, und vielleicht hat ihr dieser
einzige mehr Hoffnung und Glück gebracht, als jener Rose all'
der glühende Brand. Einmal wird Jeder geliebt, aber Mancher
nicht genug, um nicht zu verkümmern."
Seine Stimme zitterte ein wenig. Malvine hatte ihn mit
glänzenden Augen augeschaut. „Ach du geliebter Mann", rief
es in ihrem Herzen, „wenn du wüßtest, wie ich dich liebe!" —
Der Professor war jetzt in seinen Regionen angekommen,
seine Schüchternheit war verflogen, er war der poetische Ge-
lehrte. Fast athemlos horchte Malvine seinen Arabesken. Sie
wandelten ans und ab zwischen den blühenden Beeten im Früh-
lingssonnenschein, und das Mädchen hörte ans jedem Worte
des thencrn Mannes seine Liebe tönen. Er hätte nur seine
Arme auszubreiten gebraucht, — sie-wäre ihm an's Herz gesunken.
Hier muß ich mich einer Unterlassungssünde schuldig be-
kennen. Ich hole das Versäumnis; jetzt nach, und präscntire
hicmit den dritten Helden meiner Erzählung. Er heißt Hinni
und ist ein — Hirsch. — Hinni war ein zahmer, un-
schuldiger Hirsch, den Malvine zu ihrem fünften Geburtstage
von ihrer, inzwischen verstorbenen Mutter geschenkt erhalten hatte.
Sie hatte ihn groß gezogen, er fraß ihr aus der Hand und
bewies ihr eine Anhänglichkeit, wie seit der seligen Gcnovefa sie
wohl nie ein Hirsch einem Menschen bewiesen hat. Er war
so fromm und zahm, daß er frei in dem kleinen Parke umher-
lief, der an den Garten stieß, in welchem die Liebenden
lustwandelten. — Diese gingen noch immer ans und ab, und
Malvine war von der Rede des Professors so hingerissen, daß
sie sich kaum mehr bemeistern konnte, — als sic plötzlich Hinni,
den zahmen Hirsch, ans dem Gebüsch des Parkes springen sah.
In diesem Momente durchzuckte sic ein Gedanke, eine Idee,
wie ein flammender Blitz. — Sie war ein Weib — sie war
ein liebendes Weib! — Mit dem lauten Schrei „ein wilder
Hirsch!" — warf sie sich in Ohnmacht und in die Arme des
Geliebten! Gabriel sah sich nach irgend einer Waffe gegen den
Vermeintlichen wilden Hirsch um, als dieser aber schon in eini-
gen wilden Sätzen tvicder im Gebüsche verschwand. Er trug die
noch immer furchtbar ohnmächtige Geliebte zur nächsten Bank
und legte ihren Kopf an seine Brust, vergeblich in seinen
schrecklich verwirrten Gedanken auf Mittel sinnend, sie wieder
in's Leben zu rufen. Nach einer Minute öffnete Malvine die ,
Augen, schaute fragend um sich und mit dem Rufe: „Oh,
mein Lebensretter!" legte sie ihr Gesicht noch fester an die Brust j
des liebenden Gelehrten. Die jetzt folgende Scene und ihre Er-
klärungen und die Schwüre und Gelöbnisse will ich übergehen,
denn der kluge Erzähler soll immer etwas zum Denken übrig lassen.
_ (Fortsetzung folgt.)
Ein bedeutungsvolles Komma.
„Weißt Du schon, daß die Verlobung meines Bruders
Karl mit der reichen Else Schütz wieder aufgelöst worden?
Er will sie nicht!" — „Das Hab' ich allerdings auch gehört,
nur mit einem kleinen Strich dazwischen!" — „Wie meinst
Du das?" — „Er will, sic nicht!"
Diensteifer. 3
Herr (zum Feuerwehr-Signalisten): „Sie erlauben, wo
brennt's denn?" — Feuerwehr-Sign allst: „Das kann i'
Ihne net saage, da Hab' i' jetzt kein Zeit dazu; so vernünftig
sollet' Sc schon selber sein, daß Sc des einsehe — i’ muß bl aase!"
Rnthscl hafte Inschrift.
(Auflösung in nächster Nummer.)
1
„Sehen Sie hier diese Iris? Sie ist halb verkümmert
und wird es bald ganz sein. Die hölzerne Gartenbank stiehlt
ihr die Strahlen ihrer Sonne. Aber das ist gewiß, ein ein-
ziger Strahl hat sie doch erreicht, und vielleicht hat ihr dieser
einzige mehr Hoffnung und Glück gebracht, als jener Rose all'
der glühende Brand. Einmal wird Jeder geliebt, aber Mancher
nicht genug, um nicht zu verkümmern."
Seine Stimme zitterte ein wenig. Malvine hatte ihn mit
glänzenden Augen augeschaut. „Ach du geliebter Mann", rief
es in ihrem Herzen, „wenn du wüßtest, wie ich dich liebe!" —
Der Professor war jetzt in seinen Regionen angekommen,
seine Schüchternheit war verflogen, er war der poetische Ge-
lehrte. Fast athemlos horchte Malvine seinen Arabesken. Sie
wandelten ans und ab zwischen den blühenden Beeten im Früh-
lingssonnenschein, und das Mädchen hörte ans jedem Worte
des thencrn Mannes seine Liebe tönen. Er hätte nur seine
Arme auszubreiten gebraucht, — sie-wäre ihm an's Herz gesunken.
Hier muß ich mich einer Unterlassungssünde schuldig be-
kennen. Ich hole das Versäumnis; jetzt nach, und präscntire
hicmit den dritten Helden meiner Erzählung. Er heißt Hinni
und ist ein — Hirsch. — Hinni war ein zahmer, un-
schuldiger Hirsch, den Malvine zu ihrem fünften Geburtstage
von ihrer, inzwischen verstorbenen Mutter geschenkt erhalten hatte.
Sie hatte ihn groß gezogen, er fraß ihr aus der Hand und
bewies ihr eine Anhänglichkeit, wie seit der seligen Gcnovefa sie
wohl nie ein Hirsch einem Menschen bewiesen hat. Er war
so fromm und zahm, daß er frei in dem kleinen Parke umher-
lief, der an den Garten stieß, in welchem die Liebenden
lustwandelten. — Diese gingen noch immer ans und ab, und
Malvine war von der Rede des Professors so hingerissen, daß
sie sich kaum mehr bemeistern konnte, — als sic plötzlich Hinni,
den zahmen Hirsch, ans dem Gebüsch des Parkes springen sah.
In diesem Momente durchzuckte sic ein Gedanke, eine Idee,
wie ein flammender Blitz. — Sie war ein Weib — sie war
ein liebendes Weib! — Mit dem lauten Schrei „ein wilder
Hirsch!" — warf sie sich in Ohnmacht und in die Arme des
Geliebten! Gabriel sah sich nach irgend einer Waffe gegen den
Vermeintlichen wilden Hirsch um, als dieser aber schon in eini-
gen wilden Sätzen tvicder im Gebüsche verschwand. Er trug die
noch immer furchtbar ohnmächtige Geliebte zur nächsten Bank
und legte ihren Kopf an seine Brust, vergeblich in seinen
schrecklich verwirrten Gedanken auf Mittel sinnend, sie wieder
in's Leben zu rufen. Nach einer Minute öffnete Malvine die ,
Augen, schaute fragend um sich und mit dem Rufe: „Oh,
mein Lebensretter!" legte sie ihr Gesicht noch fester an die Brust j
des liebenden Gelehrten. Die jetzt folgende Scene und ihre Er-
klärungen und die Schwüre und Gelöbnisse will ich übergehen,
denn der kluge Erzähler soll immer etwas zum Denken übrig lassen.
_ (Fortsetzung folgt.)
Ein bedeutungsvolles Komma.
„Weißt Du schon, daß die Verlobung meines Bruders
Karl mit der reichen Else Schütz wieder aufgelöst worden?
Er will sie nicht!" — „Das Hab' ich allerdings auch gehört,
nur mit einem kleinen Strich dazwischen!" — „Wie meinst
Du das?" — „Er will, sic nicht!"
Diensteifer. 3
Herr (zum Feuerwehr-Signalisten): „Sie erlauben, wo
brennt's denn?" — Feuerwehr-Sign allst: „Das kann i'
Ihne net saage, da Hab' i' jetzt kein Zeit dazu; so vernünftig
sollet' Sc schon selber sein, daß Sc des einsehe — i’ muß bl aase!"
Rnthscl hafte Inschrift.
(Auflösung in nächster Nummer.)
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Diensteifer"
"Räthselhafte Inschrift"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)