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Münsterbau-Verein <Freiburg, Breisgau> [Hrsg.]
Freiburger Münsterblätter: Halbjahrsschrift für die Geschichte und Kunst des Freiburger Münsters — 5.1909

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Flamm, Hermann: Die Präsenzstatuten des Freiburger Münsters von 1364 und 1400 )
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https://doi.org/10.11588/diglit.2635#0078
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Relief von der Brüstung der Stürzelkapelle.

Die Präsenzstatuten des Freiburger Münsters

von 1364 und 1400.

Nachtrag von

Dr. Hermann Flamm.

^J) ie Neuordnung der Abteilung „Kirchen-
xBfê'ÎÎM sacnen" des Stadtarchivs hat von den

im 1. Jahrgang der Münsterblätter (S. 63
3^9 bis 83) nach einer Abschrift um 1400

veröffentlichten Präsenzstatuten der Jahre
1364 und 1400 nicht nur die sehr gut erhaltenen und
besiegelten Originale zum Vorschein gebracht, son-
dern auch eine deutsche Übersetzung der Satzungen
von 1364, die nach dem Schriftcharakter kaum spätem
Datums sein kann. Außerdem fanden sich drei Ur-
kunden aus den Jahren 1352, 1356 und 1357, die über
die Vorgeschichte des altern Präsenzstatuts mancherlei
interessanten Aufschluss geben. Das Erscheinen
dieses Nachtrags zu dem erwähnten Aufsatz ist also
genügend gerechtfertigt.

Was nun zunächst die Entstehungsgeschichte des
altern Präsenzstatuts von 1364 betrifft, so darf jetzt
als sicher bezeichnet werden, dass diese Verfassung
und Dienstordnung nicht von den Kaplänen der
Münsterpräsenz selbst ausging, sondern ihnen von der
Gemeinde und Pfarrgeistlichkeit von Freiburg mit
Hilfe der Konstanzer Kurie aufgezwungen worden ist.
Den Anlass zu dieser Verschiebung hatte die
Präsenzgeistlichkeit selbst gegeben; die Urkunde vom
4. Juni 1352', die von den Generalvikaren des da-
mals unbesetzten Bistums Konstanz direkt an den
Pfarr-Rektor, den Leutpriester und die Münster-
kapläne gerichtet ist, spricht dies unumwunden aus.
In der Bürgerschaft und noch mehr bei den Stiftern
der zahlreichen Pfründen am Münster und der
St. Nikolauskirche in der Vorstadt Neuburg herrschte

Albert, Urkunden und Regesten zur Geschichte des Frei-
burger Münsters, oben S. 28 f. Nr. 147.

große Unzufriedenheit über das Gebaren und Treiben
der Kapläne, die überdies auch ihre Residenzpflicht
gröblich vernachlässigten. Auf Betreiben von Bürger-
meister und Rat der Stadt Freiburg und der Patronats-
herren schärfen daher die Generalvikare den Kaplänen
die Pflicht, Residenz zu üben, aufs strengste ein und
setzen für ihre Vernachlässigung einige Strafen fest,
die zum Besten der Pfründe des Straffälligen und
für die Ausstattung des zugehörigen Altars mit
Büchern und Ornamenten verwendet werden sollen.
Die Pflicht, täglich zu zelebrieren und am Chordienst
und den Prozessionen der hohen Festtage teilzu-
nehmen, wird bei dieser Gelegenheit gleichfalls um-
grenzt, freilich in einer Weise, die als sehr milde
und nachsichtig bezeichnet werden muß. Wer bei der
Feier der heiligen Messe nicht vor der Epistel in der
Kirche ist und sie vor der heiligen Wandlung verlässt,
ebenso wer beim Vespergebet nicht vor dem Schluss
der Psalmen erscheint und schon vor Beendigung
des Kompletoriums weggeht, hat seiner Chorpflicht
nicht genügt. Die Ausführung dieser Bestimmung
wird dem obersten Leutpriester (Plebanus principalis)
und den zwei ältesten Kaplänen übertragen. Mit der
Androhung strenger Strafen gegen die Ungehorsamen
schließt die Urkunde der Generalvikare, deren An-
ordnungen die vorhandenen Misstände kaum be-
seitigen konnten.

Energischer lautet das Schreiben der General-
vikare vom 2. Dezember 13562, das ebenfalls in einer
Zeit der Sedisvakanz des Konstanzer Bischofsstuhls
ausgestellt ist. Die Urkunde spricht von „gravibus
et enormibus scandalis" und „excessibus plurimis"

2 Albert a. a. O. S. 33 Nr. 162.
 
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