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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 126-151 Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0695

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Utidelbergcr Zeilung.

Kreisverkündigungsblatt fnr den Kreis Heidelberg nnd amtliches Berkündigungsblatt für die Amts-- und Aints-
Gerichtsbezirke Heidelberg und Wicsloch md dcn AnitsgerichtSbezirk Neckargeniünd.

1 kLFK Srscheint, Montog« auSgenonmien, täglich. JasertionSgebührett sSr die 3spaltiae Petit-

^T-,- Prei« vierteljährlich 1 fl. 3 kr. N'T'eir«g, ^AUNl zeile werdea mit 3 kr. berechnet.

. * Politische Umschau.

Heidelberg, 28. Juni.

* Während in Deutschland allem Anscheine
nach e»ne größere kriegerische Action erst dann
zu erwarten ist, wenn die drei großen Haupl-
abtheilungen der österreichisch-deulschen Opera-
tionsarmee im Staude siud, gemcinsam auf
daS vorgesteckte Ziel (Berlin) loSzusteueru (die
österreichische durch Schlesien, >ie sachsisch-bay-
erische durch Thüringen, die Buudestruppen
durch Hessen), sind am Mincio fast uuerwartet
die eiseruen Würfel zuerst gefallen. Die italie-
nische Hauptarmee, unter Victor Emanuel uud
Durando, fühlte sich stark genug, den Stier
an den Hörnern zu packen und in das gewal-
tige FestungSviereck einzubrechen, wurde jedoch
auf dem von 1848 her bekannten Wahlplatz?
bei Custozza blutig zurückgcwiesen. Auch dieser
Sieg darf als ein deutscher betrachtet wer-
den. Am Mincio wird nach jetziger Lage der
Dinge nicht nur Veneticn, sondern auch Ty-
rol und Bayern vertheidigt, und die österrei-
chischen Truppen, die in Oberitalien kampfen,
sind zudem meistcns Deutsch österreicher.
Auch im GebirgSkriege sind dieselben dem Un^-
ternehmungsgeiste Garibaldi's diesmal zuvor-
gekommen. Ein starkes Corps leichter Tiuppen
ist von Südtyrol auS über den hohen Gebirgö-
paß dcs Stilfser Joches im Veltlin eingedrun-
gen und hat Bormio (Worms) besctzt, welches
bereits zur Lombardei gehört. Der Krieg hat
somit jenseits der Alpen unter glücklichcn Au-
spizien begonnen; möge ihm derselbe günstige
Stern in Deutschland leuchten! Hier dürftcn
nun in Bezug auf verschiedene die gemeinsame
Sache nahe berührende Gegenstände mancherlei
Wünsche zu äußern scin. Die seit 1848 Prcußen
angehörigen hohcnzollern'schcn Lande sollen zwar
endlich von Bundestruppen besctzt werden (ist
bereits durch ein würtemb. Bataillon erfolgt);
warum geschieht aber nicht das Gleiche mit dem
Herzogthum Koburg, welches unmittelbar an der
bayerischen Grenze und außcrhalb der preußi-
schen Operationslinie liegt, somit einem baye-
rischen Armeecorps leicht zugänglich ist? Her-
zog Ernst, der zum Verräther an der geckein-
samen deutschen Sache wurde, der sogar den
treuen und standhaften hannöverischen Truppen
den Wcg verlegte, verdient wahrlich keine
Schonung.

Die „France" meldet telegraphisch aus Mai-

Stretche hter gemacht, ferner sind eingetroffen Pia-
nist Peruzzi aus Paris, Fürstin Sapieha aus Po-
len, Graf Breda, Gesandtschafts-Secretär aus
Frankreich, Fürst Ligne, Präsibent des belgischen
Senats. — Das Programm der Saison wird
soeben veröffentlicht, dem wir Folgenbes ent-
nehmen: Secks Kammerconcerte führen uns die
ersten Größen der deutschen und Partser Künstler-
welt vor, darunter Vieurtcmps, Frau Viarbot,
Servais, Lefort. Die italienische Oper sendet ihre
besten Kräfte, wie einen Ricolint, Delle Sedie,
eine Grossi, Vitali, Westri. Unter ben fieben an-
gekündigten Opern steht ber Barbier von Sevilla.
Wir find begterig, gerabe bezüglich dieser Rosfi-
ni'schen Schöpsung, die Auffaffung der Jtaliener
gegenüber der deutschen Schule kennen zu lernen.
Wettrennen und Bälle wechs.ln mit einander ab.
Es wird sich übrigens bald zeigen, ob alle diese
Werke deS FriedenS uvd Vergnügrnö aussührbar
finb.

land, daß außcr dem Geueral Cerale, der im
'Sterben licgen soll, noch ein anderer General
(Villärey) getödtet und sünf Generale verwun-
dct wordcn sind. (S. Florenz, 26. Juni.)

Der „Abendmoniteur" hebl hervor, daß die
Niederlage der Jtaliener bei ihrem Angriff auf
das Festungsviereck viel bcdeutender war, alS
man anfänglich dachte. Die Jtaliencr ver-
schanzten sich darnach auf dem rechten Mincio-
ufer in Erwartung eines Angriffs der Oester-
reicher. Am 25. fand kein Kampf statt.

Der preuß. Militärgouverneur für Sachsen
hat den Kriegszustand für das ganze König-
reich proclamirt.

Der Abg. Jung veröffentlicht in der „Nhein.
Ztg." eine Erklärung, welche mit den Worten
schließt: „Preußcns Ehre liegt darin, nicht von
einem Ministerium regiert zu wcrdcn, gegen
welchcs das Nechts- und Ehrgefühl der Nation
seit vier Jahren protcstirt. Stürzt nun gar ein
folcheS Ministerium die Nation gegen ihren
Willen in einen ungcrechten Krieg gegen nnsere
Stammesbrüder und Bundesgenossen, so ist das
Vaterland in großer Gefahr, aber nicht durch
Kroaten und Panduren, sondern durch das gel-
tende System Die Beseitigung des Ministeriums
ist deshalb der einzig richtige Weg, aus dcm
begonnencn Kriege durch chrenvollen Frieden
herauSzukommen — oder den Krieg, wenn es
sein müßte, mit der Energie und Begeisterung
fortznführen, die allein den Sieg bringen kann.
Mit PreußenS Volk kann Deutschland Friede
machen, mit dem Systcm Bismarcks nremals.
Wcr daher'nicht den Vcrnichtungökampf dent-
scher Völker will und wer für die Zeiten deS
Uuglücks im unverfälschten preußischen Volks-
bewußtsein dic wahre Neserve sicht, — der ver-
lange nicht, daß die VolkSvertretung zum Mit-
schnldigen des jetzigen Negierungösystemswcrde."

Jn einem aus der Schweiz herrührenden
Artikel über däs ncuc badische Kriegsanlchen
heißt cö: Die hadische Nefiierung ist hiebei in-
deß noch sehr gelind versahrcn. Austatt eine
Kriegssteuer zu crhebcn, erhcbt sie — zngleich
untcr Vcrschonung der Geringstbcstenertcn —
lehensweise und gegen dproccntige Verziusung
eine kaum dcn Jahresbctrag dcr directcn Stcucr
überschreitende Quote. — Wir meincn, daß je-
dcr badische Staatsbürger seincr Negiernng da-
für nur dankbar sein sollto, anstatt in öffent-
lichcn Blättern — oft in böswilliger Wcise —
darüber sich auszulassen. Schließlich haben wir

(W ie dereröffn ung eines Theaters.) Das
gerade während riner Vorstcllung verslbüttett Thea-
ter tn Pompeji, welches nun völlig auSgrgraben ist,

eröffnet. Die Ankündigung des Dirrctors lautete:
„DaS Theatrr in Pompeji wird wirder eröffnrt,
nachdem untcr Dirrction drs Hrrrn QuintuS Mar-
cius zuletzt „Die Trojanrrinnen", Traurrspiel von
Seneca, grgebrn wordrn, und seitdem die Vorstel-
lungen mehr als 1900 Iahrr susprndirt warcn. Zch
bitte daher, die mrinrm Vorgängcr geschenkte Gunst
auch auf mlch zu übertragen, da ich mich nach
Kräften brmühen werde, mein Rcpertoir würdig
dem seinigen anzureihen."

(Gtn treugehorsamsterUnterthan.) Ein
Drrliner schlichter Bürger, der vor eintgen Tagen
srin jüngsteS Töchtrrchrn taufen lassen wollte, hatte
alS Vorname, welcher drmselben gegrben wrrden
sollte: „Kriegsrikc" anfgrschrieben, und als ibn der
darob verwunderte Prrdiger auf die Eigenthüm-
lichkcit unv Unstattbaftigkrit diesrS Vornamens auf-
merksam machte, lirß sich der Taufvater also auS:
„Za, ich werß! DeS Wurm sollte ooch eijentlich

noch zu bemerken, daß sich die Schweizer Ka-
pitalisten an dcm neuen 5proc. bad. Eisenbahn-
anlehen um so lieber betheiligen, als denselben
auf Franken lautendc Schuldverschreibungen zu-
gesichert sind, und daß die Betheiligung cine
ungleich stärkere sein würde, wenn das Schwei-
zer Kapital unter den obwaltenden Zeitverhält-
nissen nicht durch die heimische Jndustrie allzu
sehr in Anspruch genommeu wäre. Ucbrigens
fängt auch bei uns das bisher gefcsselte Käpi-
tal bereits an wiedcr siüssiger zu werdcn.

Der Herzog von Sächsen-Altenburg kündigt
in einer Proclamation vom 23. d. M. seinen
Beitritt zum preußischen Sonderbunde an.

Die Auflösung des Zollvereins steht nahe
bevor. Aus guter Quelle vernimmt der „Pf.
Cur.", daß die Vertreter der süddeutschen
Staaten in München tagen, um übcr eine
Zolleinigung auf Grund deö seithcrigen Ver-
trages und unter Wahrung der speciellen Lan-
desintercssen zu berathen und zeitgemäße Ver-
einbarungen zu treffen.

Vom Krisgsfchauplatz.

Nach dem „Schweins. Tagbl." sollen preu-
ßische Truppen bei Tann iu Bayern einge-
rückt sein. Es kann, sagt die „Frks. Postztg.",
sich hier selbstverstäudlich nur um eine Streif-
parthie handcln. TanU liegt im nordwestlichen
Bayern anf der hohen Nhön. Die Gegend ist
verhältnißmäßig sehr arm, und die preußische
Annexionölust wird dort keine große Beute
machen. Da Tann der Stammsitz der Frhrn.
von der Tann ist, so dürfte es viellcicht auch
auf ctwas AndereS abgesehen sein. Der Ein-
fall ist entweder von Heffen oder Meiningen
aus erfolgt.

Die „amtlichen Nacbrichten vom KriegSschau-
platze" vom 26. d. bringen aus Gotha, 25.,
Abends, die Mitlheilnng, der König von Han-
nover habe nach Empfang der preußischen Ca-
pitulationsbedingungen eine 24stündige Bedenk-
zcit nachgesucht. Diese Frist sei ihm bewilligt
worden. Am 26. ging cin hannoverischer Offi-
cier mit Depeschen an den König nach Berlin
ab. — Folgcndcs sind nach einem Tclegramm
der „Nordd. Allg. Ztg." aus Gotha, 26., die
von Prenßen gestellten Capitulationsbedingun-
gen: „Die Mannschaflen werden in dre Heimath
entlassen, die Officiere behalten ihre Scitcnge-
wehre und Pferde, dem Könige und dem Kron-
prinzcn bleibt volle Frciheit, ihrcn Wohnsitz zu


Die „Wiener Zeitnng" bringt folgende Notiz:
„Oberbaurath Sckmidt ift vor wenigen Tagen von
seiner Rcise nack Mainz zur Untersuckung des Bau-
zustandrs des alten DomeS zurückgckehrt. Die tech-
nischen Erh.bungen führten zu dem Ergebniffe, daß
namentlick der Bauzustand der Kupvel brdenklich
und bet dem Emtritte einer gewaltigrn Erschütte-
rung, wie beispielSweisc jener etneS BombardementS
der Stadt, ein Einsturz der Kuppel zn besorgen sei."

Ein Kaufmann aus Pilsen (Böhmen) erläßt
folgende Reclame: Die ganze Stadt wimmelt von
Soldaten. Wovon aber wimmeln die Soldaten?
DaS ist ganz gletch, man kaufe nur mein unfehl»
bares .Znscctenpulver", daS Sckäcktelchen zu 40 kr.

WaS nützt mtch die Waage der Gerechtigkett,
wenn ketn Gewicht darauf gelegt wird.
 
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