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Nr. 1

. JUGEND

lßOO

«

Kxkvesker tOOO

/ßts hat Zwölf geschlagen. Sic läuten mit
allen Glocken in der ganzen Stadt. Sie
läuten das neue Jahrhundert ein.

Das neue Jahrhundert. — Wie das klingt!..

Ja und doch: eigentlich was ist nun weiter?..

Ich habe meinen Shagstummel unter der
Nase, vor mir steht die alte brave Punsch-
lerrine und der Pfannkuchenteller, und Alles
ist beim Alten und im wesentlichen wie immer.

Die liebe, alte, gemüthliche Statik des
Lebens 1 Der alte dunkle Märchenweiher des
Daseins in seiner beschaulichen Traumruhe!,
was thut's, wenn ab und zu ein Stein hin-
einplumpt und seine stille Fläche ein wenig'
kräuselt! Was thut's, wenn ein Meteor auf-
glüht, ein blutrothes Nordlicht emporflämmt.
und für ein paar Minuten seinen wiederschein
über die erhabene Ruhe seines Spiegels breitet?

Alle die gewaltigen Temperamentsaus-
brüche der großen Individualität, von denen
so viel Wesens gemacht wird, dies bischen Gber-
flächengekräusel, dies bischen Weltgeschichte, mit
all' ihren Blut- und Mordgräueln, mit all' ihren:
Trara von Fortschritten und Errungenschaften
des Geistes, — nicht das ist die Weisie dieser
Stunde, sondern diese ewig unerschütterliche
göttliche Statik des Problems.

Darum: iin Wesentlichen wird innner und
stets alles beim Alten bleiben ......

Und doch: wie schön die Glocken läuten!.,
wie feierlich und fröhlich!...

Der Grundbaß der Domglocke, wie das
dröhnende Grollen eines Löwen; das fröhlich-
jauchzende Dreiklang-Palleluiah üou St. Jo-
hannis , und das ganze munter-frohlockende
Klanggetümmel!...

Das heilige Rind jener Bethlehemitischen
weihenacht! Noch einmal glüht all' meine
Liebe zu ihm empor und mit ihr die"Diebe
zu der großen Individualität und ihrer ewig

schöpferischen Freudigkeit. — Sie, deren gött-
liche Kraft Licht und Gewißheit ist in die Mystik
des Twig-Dunklen und Schweigenden hinein;
die Leuchte der mütterlichen Nächte, die Gffen-
barerin all ihrer unermeßlichen Geheimnisse!..

Sie. hat die glorreichen Siege der Wissen-
schaft und der Technik vollbracht; sie war
Goethe, Darwin und Bismarck. Dampf, Elek-
trizität, Entwicklungstheorie und Erhaltung
der Kraft und die Friedenskonferenz, die Idee
des Weltfriedens; der souveränste Herrscher Eu-
ropas ihr Befürworter und Anreger: was dies
alles für Ideenverbindungen erweckt! welche
Fernblicke es eröffnet! . ..

wie goldige Lenzluft will es einen um-
fächeln aus dein dritten Reich!

Sollte sich wirklich jenes „wunderbare" er-
eignen wollen, von dein in den Dramen des alten
Ibsen, dieses sonderbaren alten Nordlandmysti-
kers, so oft und so bedeutsanr die Rede ist?.

In, es ist doch ein wunderliches Gefühl, so
auf der Schwelle von tausend neuen Möglich-
keiten zu stehen! So wunderlich, so fromm xmb
feierlich!... wie Bangen und Zuversicht!...

Indessen: schenk' mir noch ein Glas ein,
Beste! und gib mir einen Kuß! . ..

Johannes Schlaf

Traumweise

Im Traum ein schönes Makdvögkein
Hebt hcrmkrch kind zu singen an,

Äks just das neue Jahr begann,

Gs mar wohk mitten im Minter.

Sein Stimmten: schmikkt zu hekker Kraft
(Und schmettert bakd so hekdisch frei,

Äks gäkt' fein (Preis dem jungen Mai —
>Und faß doch gefangen im Käsig.

(Wovon fingt —horch! — mein Makdvögkein?
Mas fükket ihm die Seeke ganz,

Daß seine Stimm' gewinnt den Gkanz
Des Jubekgesanges im Minter?

Ich spitz das Ohr und kausche fein,

Äks träumt' ich unterm (Aosenstock
(Von (Kküthen hekk wie Schneegefkock,
Arühking umfängt mich im Minter!

(Und wonnig schwingt sich die Mekodei!
Makdvögkein feiert das GkücK, das Licht —
Oh Hoffen, so Minters Kerker bricht —
Mie Gruß ans neue Jahrhundert!

,,Mas Du auch bringst, mir bkeibt mein Makd,
Der Himmeksküfte gokd'ne Gkuth,

So innig Schönes. dem Leben gut,

(Kesekigt die schaffende Grde.

Des Sanges süßer ^auberKkang,

Der (Kkumen sehnsuchtsvokker Duft
(Und Äkkes was die Seeke ruft
Äus Tageszwang und (Köthen;

Mas frei und hokd das Äthmen macht.
Des Daseins stikke Trunkenheit
Mebt fort in Götter-Gwigkeit,

Schafft (Paradiese im Minter!

(Und jedem Leid ersteht ein Trost,

(Und jeder Lust ein hehres ?Lek,

(Und heikiger'Güte wird so viek,
wirken Münder an Münder!"

Gs sang so stark, es sang so hekk! —
Dann schkäft traumstiK die Stimme ein,

(Und wie von fernem Sonnenschein
Grschimmert sein Gefieder.

(Verstand ich recht Makdvögkeins Lied?
Hat mich das eigene Herz öethört,

Äks ich den Lenzessang gehört,

Den Frühkingsgruß im Minter?

Horch, fchaKt nicht tapfer durch die Mekt
Makdvögkeins-Stimme unverzagt?

O Menschen, Menschen, gkaubt: es tagt
Gin Sonnen-Iahrhundert im Minter!

Michael Georg Conrad

Die Erdmänncbew

Draußen im Walde, wo Fuchs und
Hase einander Gut Nacht sagen, Hansen
die Erdmännchen. Da wohnen sie, mit
rothen Pilzhüten und grauen Bärten:
voll Spinnweb, weise zanberkundige
Leutchen, nur ein wenig verliebt, also
das; sie keinen: Mädchen abschlagen kön-
neu, worum es sie bittet.

Freilich immer nur Einen Wunsch
können sie erfüllen, und wer das Eine
gern haben will, muß das Andere lassen.

Wenn nun so'n Dingelchen heraus-
kommt, den: die Föpfe hinten herunter-
hängen, dann machen sie sich ans den
Höhlen hervor wie die Heimchen bei
Sonnenschein:

„Grüß Gott! Guten Tag! Hübsch,
daß Du einmal zu uns herauskommst!
Womit können wir dienen? womit kön-
nen wir dienen? Willst Tu klngwc:-
den? Oder willst Du s ch ö n werden?" —

Schade, daß es nur ein Märchen ist,
das ich eben erzähle! Sonst gäb es in:
neuen Jahrhundert sicherlich lauter —
hü bsche Mädchen! Reinhard Volker

MillKomm

von Franz Langheinrich
(Zur Zeichnung von R. Schaupp)

Und wie sich noch krittlich um
Db und warum
Die Menschlein auf Lrden be-
kriegen,

Bist lächelnd, Du sunges

Laeeulum,

Deiner himmlischen wiege ent-
stiegen.

Und weil Du so jung und Dein
Auge so hell,
Und Dein Schritt wie ein blüh-
endes Wunder,
So sei uns willkommen, ein

Kampfesgesell,
Und mach' uns die Menschheit

gesunder

Walther Piittner (München)'

.. und rhr lie rs gewahr werden, lind lir gar dahin."

(H'ob 4, 20)
Register
K. T.: Beruhigung
v. W.: Splitter
Anton Frh. v. Perfall: Der letzte des Jahrhunderts
Eugen Ludwig Hoess (Höß, Hoeß): Gemsjagd im XX. Jahrhundert
 
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