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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 1816

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https://doi.org/10.11588/diglit.14645#0001
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Nro. i

Kunst-Blatt.

Die Aldobrandinische Hochzelt.

Wer auch nur einen Blick auf die Rom* antica e modern*
gethan hat, kennt das hochgepriesene, vielgebildete alte Ge-
mählde, das seit länger als zwey Jahrhunderten die Zierde
der Aldobrandinischen Villa in Rom machte, und, da uns
dasselbe in ein Vrautgemach fuhrt, und uns darin Braut
und Bräutigam nebst allen hochzeitlichen Umgebungen er-
blicken lässt, unter der Benennung der aldobrandiNi-
schen Hochzeit als eine der anmuthigsten und lehrreich-
sten Ueberreste griechischer Mahlerey aus dem Zeitalter Au-
gusts angesehen wurde. Nicolas Poussin verfertigte
eine berühmte Kopie, die seitdem im Palast Doria aufbe-
wahrt wurde. Nach hundert frühern Abbildungen und Kup-
ferstichen gab zuletzt noch Carloni eine colorirte Kupfer-
Tafel davon zur Ersetzung der Kauf- und Schaulustigen. In
Dresden erschien vor einigen Jahren eine ausführliche Ab-
handlung über dieses Gemählde, wozu eine dem Urbilde, wie
es in Rom in Farben nachgemahlt worden war, möglich getreu
nachgebildete Kupfertafel ausgegeben wurde. Was ist nun
während der Stürme, die in den letzten fünfzehn Jahren sowol
Rom, als insbesondre das Haus Borghese trafen, aus diesem
ehrwürdigen Erbtheile jenes Hauses geworden? Ist es für
Rom erhalten worden, oder über die Alpen oder gar über
den Kanal gewandert? Das mag auch solchen Lesern des
Morgenblatts, die es sonst lieber mit jenem Homerischen
Weidspruch aus der Odyssee halten:

Traun, der neuste Gesang erhält vor allen Gesängen
Immer das lauteste Lob der aufmerksamen Versammlung.

doch auf einige Augenblicke eine kleine Unterhaltung gewähren.

Dies einzige Bild .seiner Art ist wirklich in Rom geblie-
ben. Als die Familie B o r g h e se — der zweyte Prinz dieses
Namens führt bekanntlich den Namen Aldo brandini,
der durch Erbschaft auf jenes Haus übergegangen ist — die
Villa Aldobrandini dem allmächtigen, seine Allmacht jedoch
zu mancher guten Zucht und Ordnung anwendenden, Gene-
ral Mio llis verkaufte, wurden die darin befindlichen Kunst-
schätze vereinzelt. Ein großer Theil, worunter sich auch eine
für die Kunstgeschichte wichtige Sammlung ganz alter Bilder
aus den ersten Zeiten nach Wiederherstellung der Mahlerei
befand, kam an die Gebrüder Camuccini, von denen der
eine der bekannte Mahler, der andre ein Gemahldehandler
ist. Das seltsame Symplegma, der Satyrkampf mit dem
Hermaphroditen, wovon sich die Doubiette in der Antiken-

*) D i c Aldob randi ursche Hochzeit, eine archäolo-
gische Ausdeutung von Bbttigcc und H. Meyer.

Dresden, isio, ao6 S. in 4. Mit eitlem Kupfer.

Gallerie in Dresden befindet, war schon weit früher ver-
schwunden. Die Hochzeit hatte C a m u c c i n i in seiner Ver-
wahrung. Man glaubte allgemein, sie sey sein Eigenthum
geworden. **) Allein seit Kurzem ist sie bey einem sehr spe-
kulativen Kaufmann in Rom, Vincenzo Nelli, der
übrigens auch die besten Schwefel-Minen hat, als sein Eigen-
thum ausgestellt, der sie für 3000 Scudi vom Principe
Aldobrandini erkauft haben will. Er selbst fordert nun
eine ungeheure Summe dafür, die ihm die einzigen Zahler
in klingender Münze, die Britten, wol schwerlich dafür geben
werden, da man allgemein bemerkt, daß jetzt die meisten
Reisende dieser Nation sowol in Italien, als Deutschland,
der Mel llreiz auf eine Weise unterliegen, die mit der einst
so -rühmten Großherzigkeit dieses Volks im offenbarsten
Wi. .rspruch steht. Auch wird jetzt strenger als je darüber
gewacht, daß kein merkwürdiges Werk aus Rom hinausgehe,
ivelches noch ganz neulich dem berühmten Barberinischen
Faun, der für einen kunstliebenden deutschen Prinzen be-
stimmt geivesen seyn soll, Fesseln anlegte. Es ist gegründete
Hoffnung vorhanden, daß bey verbesserten Finanz-Umstanden
der Papst auch dies Gemahlde für sein schon jetzt vielfach an-
gefülltes Museo Chiftrainonte ankaufen werde.

Das Bild war, so lange es in jener Villa aufbewahrt
wurde, hinter Glas gestellt, und jeder genauen Betastung
und Untersuchung völlig unzugänglich. Jetzt kam man auf
die Idee, es von den alten Anpinselungen und Uebermahlun-
gen völlig zu reinigen. Canova wurde darüber gefragt.
Er rieth, die ganze Versudelung >vegzutilgen. Der geschickte
Mahler, Dominico del Frate, wusch alle Ergänzung
mit einem Schwamm iveg, und nun trat, ein Wunder zu
schauen, das ganze Bild in seiner ursprünglichen Klarheit
und Farbengebung hervor, bey der man einige kleine Risse

und Verletzungen, (qualche picciola antica screpolatura,

sagt der italienische Bericht), sich gern gefallen ließ. Vieles
von dem, was neuere Kritik über die muthmaßliche Restau-
ration des Bildes und die unachten Stellen desselben geäus-
sert hatte, findet sich nun durch den Augenschein bestätigt.
Fast einer jeden an den zehn Figuren, aus welchen diese
Hochzeitfeyer besteht, ist durch den reinigenden Schwamm et-
was abgewischt worden, was zu verschiedenen Zeiten unbe-
rufene Verbesserer ihr aufgedrungen hatten. Es versteht
sich, daß eine so heilbringende Wiedergeburt in Rom großes
Aufsehen machte, und bald auch ihre öffentlichen Verkündiger

Daher auch die irrige Angabe in der Anmerkung zu
Frau von der Recke Tagebuch eiuer Reise durch
Italien. Th. II. S. :r-.
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