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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 1.1866

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Heft 1/2 (30. Januar)
DOI Artikel:
Die Böhm'sche Kunstauction in Wien, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4905#0001

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Nr. 1 u. 2

i

Beililatt zur Zcitslliri'st sür bildende Kunst.

I. Jahrgang.

Äeitrnge

sind cm vr. C. v. Liihow
(Wien,Bel'gstr.l4) oder
an dieVerlagöhnndlnng
lteipzig, Kreuzstr. 8/9)
zu richten.

Änserate

a2 Sgr. für diegespal-
tene Petitzeile werden
von jeder Buch- und
Knnsthandlung ange-
nommen.

30. Iammr.

1866.

Verla§ von G. A. -Leemann tn Letpztri.

dies Blatt ^rnlis. Apart l'ezogcu köstct dassell'e 15 Sgr. dall'jäl'rlick. ?llle Buch- nud Kttnstl'andliittg'cn wie alle Postämter nel'inen Bestellnngen an.
Expcditionen : i» Derlin: f. Kachse L Co., Hosknnstl'andlnng; in Wien: P. Kaeser nnd K. Czcrmak, in München: E. A. Fleischmann.


Jnhalt: Die Bvhm'sche Äunstauction in Wien.— Korrespondenz (Stutt-
aart). — Nekrologe (Dertinger; Eastlake; Iacol's; Kaiser; Sckleich). —
Kunsthandel. — Bermisckte Kunstnachrickten. — Personalnachrichten. —
Preisbewerbnngen. — Knnstvereine, Sammlnngen, Ausstellungen. —
Kunstliteratur. — Zeitsckriften. — dkenigkciten des ausländischen Kunst-
handels (Kupserstiche). — Neuigkeiten der Knnstliteratur. — Berliner
Ausstellungskalender. — Inserate.

Die Göhm'sche üuttstinictio» iu lvien.

Die verflossenen Wochen brachten in Wien eine Sainni-
lung von Kunstwerken nnter den Hamnier, welche nicht
nnr eine der bcdcntendstcn Privatsammlungen Oester-
reichs, sondern eine der erlesensten, die überhanpt je an-
gelegt wurdcn, genannt werdcn muß; denn es offenbarte
jich in ihr ein so hoch ausgebildeter Knnstsinn, eine so
feine Kennerschaft, ein so richtiges Gefähl für die glciche
Berechtigung des Wahren und Schönen auf dem ganzen
Gebiete der Äunst, unabhängig von Zeit und Nationalität,
wie man sie selten in dicsem Maße vereint antreffcn wird.

Joseph Daniel Böhm, der Nrhcber dieser Samm-
lung, 1794 zn Wallendorf in der Zips (Ungarn) geboren,
kam als blntarmer Jüngling nach Wicn, um sich der
Kunst zn widnien. Durch bedentendes Talent und uner-
»lüdeten Fleiß schwang er sich zu cinem hervorragenden
Künstler anf. Als Bildhauer anf dem Gebicte der klei-
»eren Plastik, namcntlich als Biedailleur nimnit er un-
streitig einen der ersten Plätze nnter seincn Zeitgenossen
ein: er schnitt Steiue, von denen mehrere für antik galten;
seine kleinen Holzsknlpturen, namentlich die zu Brandhof
>n Steiermark, reihen sich den bestcn Leistungen der alte-
ren Zeit an nnd von Medaitlen liegt eine reiche Folge
von ihm vor, die kaum von einem anderen nenercn Künst-
ler übertroffen sein dürfte. Allgemein ancrkannt ist
Böhm's große Knnstkennerschaft; er war hierin ganz
Antodidaet; indeni er mit lebendigem Gefühl das allge-
»icin gültige Grundprinzip allcr Kunst erfaßte, die Ueber-
mistimmung deö Kunstwerkes mit dcni Leben und die
durchgeistigte Anffassnng dcsselben zum Maßstab nahm,

gewann er eine Klarheit nnd Schärfe des Urtheils, eine
Universalität der Anschaunng, dic ihn über jede Einseitig-
keit erhob nnd in der Natur seiner Sammlnng ihren Aus-
druck fand; er sammelte daher künstlerisch Bedeutendes aus
allen Zeiten vom ältesten Aeghptischen bis zur Gegenwart
sowie von allen Völkern. Er war einer der Ersten, die auf
diese Art eine praktische Knnstgeschichte darstellten und
manche Ansicht, die in der moderucn Wissenschaft gang und
gäbe ist und hente allgemeine Geltung hat, ward zucrst von
dcm ungelehrten Mannc, den nur sein feines Gefühl und
scharfe Vergleichnng leiteten, erkannt und ansgesprochen.

Die aus 2610 Nummern bestehende Sammlung,
welche Böhm im Verlaufe von 50 Jahren nach manchcrlei
Veränderungen dcs Besitzstandes znsammenbrachte und die
nach seinem am 15. August v. I. crfolgten Tode zur Ver-
steigerung kam, erfrente sich eines weit verbreitcten Rufes
und war dafür bekannt, daß sie nur künstlerisch Bedeu-
tendes, mit Ausschlnß alles Raritätenkrames, enthalte.
Bei dem Uinstande, daß in Wien seit langem keine Kunst-
auction von hervorragender Bedeutnng stattgefunden
hatte, da sclbst schöne und reichhaltige Privatsammlungen
im Ganzen verkanft wurden und auch diesc fast nur aus
Gemälden bestanden, sah man dieser Versteigerung als
eineni Ereigniß im Kunstleben der Kaiserstadt mit Span-
nung entgegen. Die lebhafte Betheiligung von Seiten
der Kunstliebhaber und die vielen Aufträge gaben einen
erfreulichen Beweis des gebildeten Geschmackes, des ent-
wickelten Kunstsinnes und regen Saninicleifers weiterer
Kreise; auf das künstlerisch Vollendete und Bedeutende
wurde förmlich Iagd gemacht, die Anbote von allen Sei-
ten überstürzten sich in hastiger Eile nnd steigertcn sich zn
Preisen, die in Wien noch nie, in London nnd Paris für
ähnliche Gegenstände kaum je bezahlt wnrden. Der Er-
folg der Auction war ein schr günstiger, wozu ein trefs-
lichcr, auch mit Jllustrationen verschener Katalog und die
 
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